BNN Freitag, 17.09.2021: Auto der Zukunft soll in Mittelbaden gebaut werden

Der CDU-Abgeordnete Kai Whittaker diskutiert mit Experten über den Wandel in der Automobilindustrie

Auto der Zukunft soll in Mittelbaden gebaut werden

Tesla als Vorbild: Weg vom Öko-Image hin zum Lifestyle-Produkt. Und ein Werksbau in Rekordzeit.Symbolfoto: Christophe Gateau/dpa

Gaggenau. Es sind zwischen zehn und 15 Personen, die den einstündigen Wahlkampftalk des CDU-Bundestagsabgeordneten Kai Whittaker im Videochat und auf Facebook-live verfolgen. Dabei ist das Thema spannend und auch die Gesprächspartner haben einiges zu sagen. „Bauen wir auch in Zukunft noch Autos?“ lautet die Frage, die Whittaker Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), dem Karlsruher Experten für innovative Mobilität Waldemar Epple und der ersten Bevollmächtigten der IG Metall Gaggenau, Claudia Peter, stellt. Und – um das vorweg zu nehmen – alle vier sind sich einig: Ohne Autos geht es nicht.

Dabei macht Whittaker direkt seinen Anspruch deutlich: „Die Daimler-Werke dürfen keine Jobcenter werden, sondern müssen die Zukunft sein.“ Immerhin, so der CDU-Abgeordnete, sei Mittelbaden der fünftgrößte Automobilstandort in Deutschland – und solle es auch bleiben.

„Industriepolitik und Klimaschutz müssen zusammengehen“, beschreibt auch VDA-Präsidentin Hildegard Müller die große Herausforderung, vor der die Automobilindustrie aktuell steht. Der Weg werde anstrengend, für die Beschäftigten genauso wie für die Bevölkerung, ist sie sicher und spricht Klartext: „Die Jobs, die ausschließlich am Verbrenner hängen, werden wegfallen.“ Und das sei immerhin jeder zweite Arbeitsplatz in der Branche.

 

Allein in Mittelbaden könnten 30.000 Jobs betroffen sein, sagt IG Metall-Frontfrau Claudia Peter. „Eher noch mehr.“ Denn an den Arbeitsplätzen in der Automobilindustrie hingen auch Jobs im Einzelhandel und der Gastronomie. „Ohne das Auto wäre die Region nicht das, was sie ist. Unser Wohlstand kommt vom Auto.“ Die zentrale Herausforderung für die Zukunft sieht auch sie im „Einklang von Wirtschaftspolitik, Umweltschutz und Arbeitnehmerinteressen“.

 

Peter sieht allerdings auch die Bevölkerung am Zug. „Unsere Duldsamkeit mit der Umgebung muss größer sein“, betont sie. Wer grüne Energie durch die gesamte Produktionskette wolle, der müsse offen für andere Wege der Stromgewinnung sein. „Zur Windkraft gehören Windräder. Da muss sich das ästhetische Denken ändern.“

 

Für Waldemar Epple, der dem Experten-Netzwerk für Automobilentwicklung („automotive engeneering network“, kurz aen) vorsteht, betont dabei unter anderem das Potenzial des Oberrheingrabens und seiner Lithium-Vorkommen. Sie müssten dringend gehoben werden, um so das Problem des enormen CO2-Verbrauchs bei E-Fahrzeugen in den Griff zu kriegen. „Das ist die einmalige Chance, CO2-neutrales Lithium herzustellen“, lautet sein Plädoyer für die Geothermie. Sie sei zu Unrecht in Verruf geraten. Gleichzeitig müsse E-Mobilität vom Öko-Image befreit werden und zum Lifestyle-Produkt werden. „Hier hat Tesla viel erreicht.“

 

Auf offene Ohren treffen die Forderungen aller drei Gesprächspartner für vereinfachte Genehmigungsverfahren. „Es kann nicht sein, dass eine Firma, die ein paar Meter Leitung bauen will, zweieinhalb Jahre auf die Genehmigung wartet“, erklärt Whittaker. Er wolle die Vernetzung auf regionaler Ebene unterstützen, um so im Land und auch im Bund mehr erreichen zu können. „Ich persönlich will nicht jedes Jahr neu verhandeln, wie viele Arbeitsplätze diesmal gehen. Ich will das Niveau halten.“

 

Klar sei aber auch, dass der gesamte Transformationsprozess viel Geld kosten werde, räumt Whittaker ein. Wo es herkommen soll, lässt er offen. Aber: „Wir dürfen keine Politik gegen das Auto machen.“ Und die Industrie dürfe nicht durch noch höhere Steuern belastet werden. „Wir müssen den Betrieben Luft lassen, sich zu entwickeln.“ Dann könnte am Ende auch Whittakers Wahlslogan wahr werden: „Zukunft made in Mittelbaden“.