Von einer Vision zum Produkt in 5 Monaten – 3 Karlsruher Firmen zeigen, wie Transformation geht.

Oktober 2020.

Innovation. Es ist ein sichtbares und gut schmeckendes Zeichen aus dem Netzwerk rund um Wirtschaftsförderung Karlsruhe und „Automotive Engineering Network“ (aen): „MyAppCafé“. Von außen betrachtet ist es ein rund neun Quadratmeter großer Container, der mit einem Roboter aus Kaffeeautomaten aktuell in der „Postgalerie“ Kaffee ausgibt. Doch das wäre zu einfach, „es könnte schließlich den „Coffee-to-go-Markt“ revolutionieren“, betont Dirk G. Rothweiler, Geschäftsführer von „Rothweiler Feinwerkmechanik“, Innungsfachbetrieb für Feinwerktechnik und Digitalisierungsbeauftragter der „Kreishandwerkerschaft Region Karlsruhe“: „Denn das ist ein sehr gutes Beispiel eines erfolgreichen Produkts aus einem Netzwerk, bei dem jeder seine Stärken und Kompetenzen einbringt.“ Ein passender Ansatz für die Kompetenz- und Innovationsplattform des „aen“. „Ob Innovation, Entwicklung, IT oder Umsetzung“, so Rothweiler: „Das zeigt die geballte Kompetenz des Netzwerks.“ Initiator Michael Stille von „MyAppCafé“ kam auf das Netzwerk zu, „wir gingen auf den Kunden ein“, erläutert Rothweiler, „ausgehend von der Vision, haben wir dann alle vernetzt“ – übrigens bei einer Veranstaltung der Karlsruher Wirtschaftsförderung. Ob Elektronik, Mechanik, Informatik oder Mechatronik: funktionelle Technologien sind gefragt – und Synergieeffekte finden durch Vernetzung der Spezialisten, der Partner statt.

Ob Gehäuse, Fairer Kaffee, Kaffeeautomat, Robotik, Becher, Rührer aus nachhaltigen Materialien, Greifer, Steuerung, Schnittstellen, Kassensystem, Ausgabesystem oder App-Entwicklung: „Wir haben abgeklärt, wer kann was am besten, dann die Spezialisten hinzugezogen“, so Rothweiler: „Alles passend zu vernetzen, das ist unsere Aufgabe!“ Von der Vision bis zum ersten servierten Kaffee wurde peu à peu umgesetzt, sind nun viele Branchen vereint, was letztlich den entsprechenden Mehrwert auch in der vernetzten Technologieregion ausmacht. Karlsruhe als erster Standort ist auch ein Bekenntnis, „immerhin kommen alle Firmen aus der Region“, so Rothweiler: „Es ist also ein kurzer Weg für uns alle, die Transformation zu gestalten und Nachhaltigkeit dabei sicher zu stellen.“

Die Abläufe dann entsprechend zu verknüpfen, ist das Interessante; eine Digitalisierung von Prozessen, freuen sich Prof. Fritz Neff vom „aen“ und Rothweiler. „Eine tolle Umsetzung bei diesem Projekt“, zeigt sich auch Stille vom professionellen Netzwerk begeistert. „Roboter bauen Autos, warum sollen sie nicht auch Kaffee machen?“, beschreibt Mischa Saisila, CEO von IBS Ingenieurbrüo Klaus Schürer die Ausgangslage: „Es war eine Herausforderung für uns, aber wir sind Technik-begeistert.“ Die Anforderungen wurden festgelegt, Schnittstellen definiert, neue Techniken eingesetzt, zum Beispiel den Greifarm und das Gehäuse im 3D-Druck hergestellt.

Die Corona-Zeit brachte zwar eine Verzögerung, die aber effizient zur Optimierung genutzt wurde, besonders für die Schnittstellen-Thematik, so Saisila, „denn immerhin kommuniziert ja alles miteinander.“

 

Hightech aus Karlsruhe für den Kaffeegenuss

Zwischen 80 und 120 Kaffee in der Stunde kann „Robbi“ – aktuell als Prototyp in der Karlsruher Postgalerie – servieren, ob Espresso doppio, Cappuccino, Latte Macchiato, Chocciato oder Milchkaffee, in 160 Varianten – und dazu als tolles Gimmick, ein Bild oder Text (per Lebensmitteldrucker) auf dem Milchschaum. „Das geht übrigens auch mit dem eigenen Foto“, erklärt Stille: „Natürlich kostenlos!“ Kein Wunder, dass viele zum Beispiel ihren personalisierten Cappuccino gleich danach in den Sozialen Netzwerken teilen. „Das freut uns natürlich“, schmunzelt Stille. Übrigens ist Cappuccino aktuell die gefragteste Kaffeespezialität bei „MyAppCafé“!

Kunden bestellen entweder vor Ort an einem Touchscreen oder per App von unterwegs, dann gibt’s einen QR-Code, der wird am Automat dann übergeben und der automatische „Street Barista“ macht sich fix an den Fairen Kaffeegenuss, natürlich frisch zubereitet.

Die entsprechende Bestell-App wurde von der ROCK5 GmbH beigesteuert. „Wir haben bei der App auf eine einfache Bedienung verbunden mit einem attraktiven Design Wert gelegt. Auch die Cloud-Komponente war ein essentieller Bestandteil für die vielfältigen angebotenen Bezahlarten der App“, führt einer der beiden Geschäftsführer, Eduard Marsal, von der ROCK5 aus. „Durch das IoT nimmt die Vernetzung von Maschinen, Geräten und Services immer mehr zu und bringt riesige Potentiale für neue smarte Geschäftsmodelle. Dies zeigt das äußerst innovative Projekt MyAppCafe. Wir freuen uns sehr, ein weiteres Mal ein Karlsruher Startup auf dem digitalen Weg unterstützt zu haben!“.

Thema Nachhaltigkeit: der Becher ist aus Maisstärke und wird unter das WMF-Highendgerät gestellt, das gewünschte Produkt läuft.

Danach greift der Roboterarm den fertigen Kaffee, schwenkt ihn zur Ausgabe. Ein Coffee-to-go aus Roboterhand! Erst nach rund 600 Ausgaben muss „MyAppCafé“ nachgefüllt werden – natürlich informiert das System die Betreiber rechtzeitig darüber: ein guter Wert für ein Stand-Alone!

Große internationale Nachfrage

An der Verbreitung des Franchise-Konzepts wird intensiv gearbeitet: „Das Interesse ist groß“, so Stille, der mit seinem Team auf Franchise-Messen war: „Wir haben Anfragen aus aller Welt, aus den USA, Israel, Schweden, Dubai, Frankreich oder Polen.“ Rund zwei Monate braucht es aktuell, die modulare Konstruktion zu fertigen und am jeweiligen Standort einzurichten. „Es zeigt die Transformation im Gastrobereich, Rund-um-Uhr-Robotik einzusetzen,“ betont Rothweiler.

Denkbar sind künftig Standorte unter anderem in Einkaufszentren, an Bahnhöfen oder an Flughäfen, „wir sind offen in alle Richtungen“, betont Stille. Immerhin sind momentan schon di e nächsten fünf Geräte in Arbeit. Rothweiler ist überzeugt, dass noch viele solcher analogen Prozesse zum Mehrwert des Endanwenders digitalisiert werden. „Wir stehen erst am Beginn einer Transformation aller Betriebe unabhängig von der Betriebsgröße. Ich sehe die Partnerfirmen der Region Karlsruhe und die Netzwerke stark aufgestellt“. Sein Blick in die Zukunft ist durchaus positiv, „denn Karlsruhe und die Region KANN“.

Infos: www.ae-network.de / www.my-app-cafe.com

                                               Quelle Bilder: www.jowapress.de